Eleonora Magdalena von Pfalz-Neuburg an Johann Wilhelm von Pfalz-Neuburg, Wien am 04.01.1696
Bayerisches Hauptstaatsarchiv München, Kasten blau, 44/7
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00044. Januarij 960005Durchleüchtiger Cuhrfürst, mein herzallerliebster herr bruder 0006Due mich gegen dero Liebden schönstens bedanken vohr den gutten 0007newiahr vndt frieden wuntsch vom 17ten passato, wüntsche 0008dero Liebden auch alles erdenklige wollergehn. Dero Liebden wollen mihr 0009vergeben, das nit ein besonder brif mit diser danksagen 0010vndt wuntsch schreibe, die zeit ist so eng, das kaum 0011dises kann zuesammen bringen, hoff, dero Liebden werden mihr nit 0012übel nemmen. Sonst hab ich dero libste schreiben 0013vom 7ten, 11ten, 19ten, 21ten vndt 27ten passato woll empfangen. 0014Bruder Carl betreffendt, so haben ihr Mayestät bruder Carl selbst 0015geschriben nachdruklich, zwar noch nit von würkh- 0016ligen zuerukh sendung der ring, aber doch sonsten.
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0017Auch werden dero Liebden empfangen haben die copej, was ihr 0018Mayestät dem Graven Hohenloh geschriben, welches meines erachtens 0019scharf genuech ist. Das aber dero Liebden auf das enleuement 0020oder ihr Mayestät den befehl des arest erteilen sollen, dunkht 0021mich gahr zue extrema, wenigstens derzeit, zue 0022sein. Ihr Mayestät haben mihr befohlen, bruder Karl disen beygelegten 0023brif zu schreiben, warauf er sich hoffentlich geben wirt, 0024vndt vermeine ich, dero Liebden sollen, weill ihr Mayestät so 0025genedig seint vndt der sach so eifrich sich anemmen, 0026ihr Mayestät dises werkh völlich überlaßen. Es hatt 0027der Cuhrfürst an den Fürst von Salm vndt Grav von 0028Öting in diser materi geschriben, welche ihm bede 0029gahr woll beantwort. Auf dises hoffe ich, der Cuhrfürst 0030selbsten werde der sach helfen ein end machen, 0031also, mein ich, soll man dis erwarten vndt weiters 0032keine extrema tentiren, auch dasienge, so der 0033Landgraff dero Liebden berichten laßen, völlich secretiren, 0034damit gleich woll das arme medel nit neben 0035diser sach, welche ihr so genug schaden wirt, auch an
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0036ihrer ehr leiden möchte, welches auch im gewißen 0037nit zue verantworten were. Vnser geliebsten fraw mutter reis 0038betreffendt, so merke ich woll, das böße leüt 0039ihr müssen in den kopf gebracht0040habenTiberiuswolle sie gar nit we-0041k lassen welches sie ser aprehen 0042dirent, ich vermeinet, auf dem früling, wan das 0043wetter beßer wirt, soll man auf die reis andragen. 0044Indeßen hab ich dero Liebden einmahl durch den Hamilton 0045ein vohrschlag duen laßen, wo ich mein, das dero Liebden den0046Doktor accommodiren könte, auf welchs ich mich 0047bezie, das müeste aber balt sein. Was Pater Wiser0048schreibt wegen des Urbichs, 0049glaub ich zwar, das er alles dises0050geschriben und gesagt, aber dero Liebden glauben 0051mihr, es ist alles salue honore neben die warheit 0052spazirt vndt diser kerl lauft schon0053langer als ein jahr zu dem Fürst von0054Salm, ist auch zum Hammilton und Schell0055erer geloffen in meinung, sich in0056dis werk zudringen, welchs, wie es nit 0057hatt wollen angehn, ist er hinein, weil
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0058von des Wedels seinen dineren0059einer den Pater Wiser zu Hamburg 0060gesehen und erzelt hatt, so hatt er0061vermeint , woll dort ehender0062was erfaren, wie dan auch realiter 0063er penetrirt hatt, das die sach0064nuhr auf disem punct haftet. Dero Liebden glauben 0065sicherlich, das hier nimant im geringsten 0066sich mitt disem kerl hat ein gelas0067sen, sondern er sich gern het ein0068meritum gemacht, welches mihr alle schon 0069langst gemerkt. Der Hamilton, wan er wider zue dero Liebden 0070kommen wirt, wird dero Liebden in diser sach völlich informiren, 0071vndt können dero Liebden ihm khek glauben das erste, das er 0072dero Liebden geschriben. Hab darumb ihn duen laßen, damit er 0073weniger merken soll, vndt hett ihm den brif nie 0074geben, wan dero Liebden ihn gleich geschikt hetten, bis andere con- 0075ioncturn kommen wehren. Wegen des Schallenberg 0076werdens ihr Mayestät iezt gleich überlegen laßen vndt dero Liebden 0077ihre meinung comuniciren. Wegen vetter Pfilipp, 0078will mit ihm reden wegen was dero Liebden mihr geschriben vndt
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0079dero Liebden alsdan berichten. Ich hab auch ein mahl ihr Durchlaucht, 0080meiner geliebsten fraw muetter, vnterdehnigst bericht, das 0081ihr Mayestät, mein Keiser, incliniren, dem Herzoch von 0082Saxen Liebden eines aus denen vacirenden beneficijs 0083in Vngeren zu conferiren. Dero Liebden haben mihr ein- 0084mahl von dem Erzbistumb Gran geschriben, das aber 0085kundt nit sein, weils gahr vill difficulteten 0086in dem landt geben wurde, aber ein anders gutts 0087beneficium. Es erfordert aber, das der Herzoch 0088persönlich dorten residire, weil es curam ani- 0089marum, also bin ich angestanden, ob derselbe 0090sich hirzu resoluiren werde, weil er Dumbpropst 0091zue Cöllen vndt von dort villeicht nit wirt können 0092oder wollen absent sein. Also wollen dero Liebden sich vnbeschwert 0093hierüber informiren vndt mihr so dan die ant- 0094wort berichten. Ich schließe vndt werde sterben 0095dero Liebden 0096getrewste schwester 0097Eleonora 0098Wien den 4ten jener 1696 0099Den brif an bruder Carl hab einmahl heut 0100nit können schreiben, bin kaum mit disem fertig worden, mit 0101negstem wirts geschen.