Eleonora Magdalena von Pfalz-Neuburg an Philipp Wilhelm von Pfalz-Neuburg, Wien am 1685.01.25
Bayerisches Hauptstaatsarchiv München, Kasten blau, 45/9
Ausfertigungeigenhändig
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0001Durchleüchtiger Fürst, herzallerliebster herr vatter 0002Dero gnädige schreiben vom 5ten vnd 12ten hab mit gehorsamsten respect 0003empfangen. Ist mihr von herzen leidt zue vernemmen, 0004das sich ewer Durchlaucht mit einer schiatica incomodirt 0005befinden, hoffe zue gott, es werde iezunder wider 0006alles ganz guett sein. Sag ewer Durchlaucht vnterdehnigsten dankh, 0007das sie mein gehorsame wuntsch so güettich auf genohmen vnd 0008mihr auch zue meinem geburzdag so vill guttes 0009anwüntschen wollen, der almächtige wolle meine herzlige 0010wuntsch erfüllen vnd mihr gnade verleyen, ewer Durchlaucht einige 0011schuldigste dienst zue erweisen, dises wurde mein 0012gröste glükhsehlichkeit sein. Das mein brueder, der Deütsch 0013Meister, zue seiner regirung abgereiset, darzue wolle 0014ihm der almechtige allen segen verleyen. Was mein 0015brueder Carl gesacht, das ich gemelt hette, ist also 0016zue verstehen, das mein brueder sich durch mehrere 0017campagnen, in wehchen er etwas erlernen könne, vnter 0018welche ich dis könftige gerechnet, sich capabel machen
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0019solle, damit ihr Mayestät zue seiner zeit auch reflexion 0020auf ihne machen könten, nit das iezt etwas soliches 0021zue gedenken, der Herzoch auch hoffentlich noch vill iahr 0022diese armée comendiren wirt, zue welchem mein 0023brueder noch nit dauglich wehre. Wan er aber 0024vnter selbigem noch etlige campagnen gedahn due, 0025wurde er sich darzue habilitiren, könte auch vnter 0026andern seines gleichen considerirt zue werden vnd 0027sich ihr Mayestät seiner trew halber versichert halten könten 0028vnd auf ihn disfals sich zue verlasen hetten. 0029Vom Waldekh hab niks gehört, vnd wurde man 0030schwehrlich reusiren, in deme mein brueder noch 0031gahr iung, auch noch nuhr zwey campagnen, 0032der eine als Obrister, die ander als General 0033Wachtmeister gesehn. Wan er aber noch etlige 0034campagnen gedient hette, könte man auf solliche 0035sachen gedenken. Den rang anbelangent hatt es 0036im felt ganz niks auf sich, vnd hatt der 0037Herzoch sich von einem Schporkh vnd Muntecuculi 0038comendiren laßen, wirt es ihme nit preiudiciren 0039dem Herzoch zue dinen. Wan ewer Durchlaucht aber daruohr
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0040halten, das er wegen seiner einrichtung vnd der pfälzischen 0041sach dis iahr nit abkommen können, steht es bey dero 0042gnädigstem blieben, förchte, es werde mit diser campagne 0043die krig noch kein ent haben, das er aufswehnigste 0044nachgehns den krieg continuiren möge. Das Frankreich 0045des Sikingen schloß wech genommen, ist freilich gahr ein schlimme 0046sach, ich hab mich aber ganz niks drüber verwundert, dan ich 0047hab allezeit glaubt, das er weder frid noch stilstant halten 0048werde anderst, als darneben zue nemmen, was ihm gelegen 0049ist. Gott behüet den Cuhrfürst, es wurden greülige hendel geben, 0050dan ich hör, der hiesige franzos hatt schon sich verlauten laßen, 0051man kön dem König nit verüblen, das er sich bezahlter machen 0052deßen, was der Madame gehörich. Es wurd ein newer krieg 0053im Reich werden, wan mihr nuhr erst mit dem türken 0054loß wehren, gott wirt alles machen wis recht ist. Das ewer 0055Durchlaucht bruder Pfilipp Wilhelm mit dem Carl ins felt schiken 0056wollen, höre ich, er hab das fieber vnd der vngrische 0057luft ist gahr nit guett darzue vnd er ist noch 0058iung, sonst wehr es ihm schon guett. Wegen Pohlen hab ich 0059wehnig hoffnung wegen der franzosen machination. Portugal 0060wirt iezt balt müeßen ein endt machen, der Cardinal 0061hatt wider einwehnig hoffnung gezeigt, aber mehr auf mein 0062brudern, dan deils meinen, der König werd gahr nit heirahten.
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0063Es hatt der Markrau von Baden wider stark anhalten laßen 0064durch den Hoffkanzler, welche ich aber auf ewer Durchlaucht solches 0065anzuesuechen angewisen. Es hatt seine pro vnd contra, 0066er ist schon ein brauer herr vnd guetter, iah einer 0067von den besten Generales, die ihr Mayestät bey der caualerie 0068haben, der nit allein brauire, sondern auch seine sachen 0069mit guettem bedacht vnd conduite duet. Das kann ihm 0070kein mensch nemmen, auch seine feindt müeßen es 0071gestehn. Hingehgen ist zue consideriren, das Baden Frank- 0072reich im rachen ligt vnd das erste verlohren wurde sein, 0073wan ein krig solte werden vnd also wehnig mittel 0074dah wurden sein. Andertens zeigt man ihn, er sey nit 0075gahr zue heilig, das mein schwester ihre mortificationes 0076zimlich finden möchte. Ich weis es aber nit, laß es 0077dahin gestelt sein, den heiligen duet er mit die fües abüßen, 0078das hör ich woll. Ewer Durchlaucht seint so hocherleücht, das sie 0079schon werden dieienige resolution faßen, was meiner 0080schwester nuzlich wirt sein an sehl vnd leib, 0081ich versteh mich niks drauf. Den Reifenbach betrefent 0082haben ihr Mayestät gnädigst gemeldet, ewer Durchlaucht kunten ihme 0083in genere ein hoffnung machen, das wan er dises 0084werkh zue einem glükhlichen ausgang bringen wurde,
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0085ihr Mayestät seiner in dieser oder andren ihme ahnstehenden gnad 0086wurd gnädigst eingedenkh sein, dan ihr Mayestät sagen, das ehr nachgehns 0087desto eifriger in der sach sein möchte, dah er, wan man 0088es gleich iezt dähte, nachgens schläffrich werden möchte, 0089weil er schon erhalten, was er erst verdienen soll. 0090Es wehre freilich guett, wan Pater Marco auf Rohm könte 0091kommen, ihr Mayestät habens auch schon gesucht, aber es seint 0092dorten leüt, die es verhindern, gott verzeihe es ihnnen. 0093Ihr Mayestät werden sich auch noch verners suechen. Guet wurd es 0094woll sein, wan er widerumb bey der campagne sein 0095kunte, dan gott durch seinen segen vill gnaden verleyen 0096duet, aber es hatt mich gedunkt, wie er hier wekh ist, 0097er hab keinen großen lust darzue. Was er sonst 0098meldet in seinem schreiben wegen administration der justiz 0099vnd die vitio abzuestellen, darin duen ihr Mayestät gewis niks 0100vnterlaßen, haben auch dem Hoffkanzler schon ville 0101sachen befohlen, vnd wirt guett sein, wan ewer Durchlaucht selbigen 0102auch anfrischeten, diese sachen alle zue befördern, das wirt 0103in mehrer aufmuntern. Ich vnterlaß in auch nit fleisich 0104mahnen zue laßen. Die armee betreffendt, so duen ihr 0105Mayestät woll auch allen fleis, damit könftige campagna 0106remedirt werden möchte die fehler, so die vergangenen geschen.
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0107Die schweinhez ist hir schon lengst geschloßen, seindt einmahl 0108im schlittengefahren, izt ist aber nimer guett, ist zue 0109glatt bis wider ein newer schneh fallen wirt. Der 0110Cuhrfürst wirt sich schwerlich abhalten laßen ins felt 0111zue gehen, dan er gahrzue große inclination darzue 0112hatt. Wan es nit wegen der heirat geschicht, so hab 0113kein hoffnung, vnd dis wirt schwer her gehn, er ist 0114ein brauer herr, der die gefahr nit scheüt. Due mich 0115hiermit in ewer Durchlaucht gnade vnterdehnigst befehlen vnd sterbe 0116ewer Durchlaucht 0117vnterdehnigste trewgehorsamste dochter 0118EMT 0119Wien den 25ten jener 1684