Eleonora Magdalena von Pfalz-Neuburg an Philipp Wilhelm von Pfalz-Neuburg, Linz am 1683.08.27
Bayerisches Hauptstaatsarchiv München, Kasten blau, 45/9
Ausfertigungeigenhändig
100 r
0001Durchleüchtiger Fürst, herzallerliebster herr vatter 0002Von herzen hatt mich erfrewet, ewer Durchlaucht guetten 0003wohlstand aus dero gnädigem schreiben vom 20ten dis0004zue vernemmen, gott wolle sie verners darbey 0005erhalten. Mihr seindt verwichenen mitwoch gottlob 0006gelüklich hier ankommen, wehre woll mein höchste 0007vergnüegung, wan ich ewer Durchlaucht kunte vnterdehnigst bedienen, 0008hoffe, woh nit zue der niderkunft, doch balt 0009darnach dises glükh zue genießen. Wans nuhr 0010balt vohrbey wehr, es gilt mihr gleich, was gott 0011geben will. Die kinder hab alle wohl verlaßen, 0012gott gebe, das Wien balt succurirt werde. Heünt 0013ist der Aurschperg von der armée kommen, 0014bringt zeitung wie das der König in Polen 0015könftigen mitwoch solle auf Krems ankommen. 0016Inmitels ist der Herzoch noch drunten bey Corneü- 0017burg gestanden vnd hat vernommen, das etlich 1000 türken
100 v
0018vnd tartarn vnten bey Gran über gangen vnd auf diser seiten 0019großen schaden mit brennen gedahn. Ist er ihnen ent- 0020gegen marchirt, sie sich gleich in battallie gestelt, 0021der Herzog im gleichen und aufeinander getroffen. Anfangs, 0022weil sie zue stark die polaken pasirt, welche 0023sich aber ohne confusion retirirt, wie sie aber 0024auf die deütsche volker kommen, haben sie ein solchen 0025widerstant gefunden, das, wie woll ihrer ein 400 0026in der ersten furi bis auf die 3te lini sich 0027durch geschlagen, von welchen auch keiner deruon kommen, 0028durch die vnsrigen in confusion gebracht worden. 0029Die tartarn haben ihrem brauch nach gleich die flucht 0030geben, die türken aber sich dapfer gewert, das auch 0031ein alter aus inen, der gefangen worden, gemelt, 0032er sey schon lang vnd in villen occassion gewesen, habe0033die türken aber nie so dapfer fechten sehn. Seint 0034doch entlich in die flucht geschlagen worden vnd haben sich 0035in die schanz bein brüken retirirt, woh, weilen die brüken 0036abgebrent, sie ihre roß die mehristen stehn laßen 0037vnd in die Donaw saluirt, woh deils ersoffen, deils
101 r
0038aber durch geschwumen. Die roß haben die vnsrigen bekommen, 0039die tartaren auch verfolgt bis auf Enserstorf, das 0040ist dort nit weit, woh das waßer iagen gewesen, 0041ist aber die nacht drein kommen, das nit weiter 0042haben können. Wie vill ihrer eigentlich blieben, können wir0043nit wißen, vrteilen aber, wie der Aurschperg sagt, 0044gegen 7000, der vnserigen aber nit über 50 vnd 0045vngefehr so vill beschädigte, worunter zu officir 0046ein polakh vnd ein deütscher, der polakh aber dötlich. 0047Das lauenburgische regiment wie auch das grözisch lobt der 0048Herzoch überaus in diser occassion, wie auch das 0049muntecuculisch sch wider herein bracht, was bey der 0050ersten occassion bey Wien gefählt. Markgraf Louis von 0051Baden vnd Göz haben sich überaus dapfer gehalten, 0052ob zwar alle andre officir vnd generales 0053sehr woll gedahn, das der gefangne türkh gesagt, 0054wan gott nit verhüett, das der cristen caualeri bey 0055dem entsaz von Wien so guett fechtet als izt, 0056so seint mihr türken verlohrn. Gott geb sein 0057gnade darzue. Ein große beütt, sagt er, haben bey diser
101 v
0058occasion die vnsern gemacht an gelt, kleidern, ros 0059vnd gewehr, dan die türken alzeit vill gelt bey sich, 0060die tartarn aber niks. Wan Frankreich so kristlich 0061wolte sein vnd allein still sizen, wurde gott 0062hoffentlich gnade geben, das sich das blättel wenden möchte, 0063dan wie woll aus Wien dersider niks kommen, 0064so sagen doch die gefangen, das sie dersider noch nit 0065wieder zum reuelin noch graben sich haben dörfen wagen. 0066Gestern hatt man aber vmb mitag gahr starkh 0067schießen gehört vnd vill stund, was es bedeütt, 0068kan man nit wißen. Wegen Frankreich wirt man 0069gahr gern mit einschließung der aliirten einigen still- 0070stand eingehn, welchs man zue Regenspurg mit 0071der allirten guttheisen wirt proponiren zu tractiren. 0072Ich förcht aber, Frankhreich wirt nein darzu sagen, 0073gott geb, das ich fähl. Der Castell wirt izt wider bei 0074ewer Durchlaucht sein vnd ewer Durchlaucht in dem, was sie verlangen0075zue wißen, von Stratman alles vernemmen. Due mich 0076hiermit in ewer Durchlaucht gnade vnterdehnigst befehlen, werden sterben 0077ewer Durchlaucht 0078ehrgebenste trewgehorsamste 0079dochter EMT 0080Lins den 27ten august 1683