Eleonora Magdalena von Pfalz-Neuburg an Johann Wilhelm von Pfalz-Neuburg, Favorita am 1698.05.31
Bayerisches Hauptstaatsarchiv München, Kasten blau, 44/7
AbschriftSchreiber
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000131. maij 16980002Copia 0003Durchleüchtiger Churfürst, mein herzallerliebster 0004herr bruder. Ich trau mir schier nit zue erscheinen, 0005nachdem ich so lang vnterlassen, dero liebe schreiben 0006zu beantworthen, es ist die heylige zeith, auch viel 0007die üble zeitungen auß Spanien, welche verursacht, 0008das viel hab schreiben miessen, und mir kein 0009zeith überbliben, daran vrsach. Gott sey dankh, 0010daß es widerumb besser ist, der geb ferners 0011sein gnadt, und erhalte König und Königin be- 0012ständigst, vmb welches wir wohl vrsach zu bitten 0013haben. Ihre Mayestät, mein Kayser, seind ewer Liebden wohl 0014obligiert wegen deß eyfers, und gute intention, so sie 0015in disem erwiesen, man thut aller seits 0016arbeiten in disem wichtigen werckh, und werte 0017ich ewer Liebden schon alßdan von allem nachricht geben. 0018Es wirt gleich nach den feyrtagen der Bischoff von 0019Possaw herkommen, der wirt als extraordinari 0020Bottschaffter in Portugal gehen, nachdem der 0021König wider ein inuiato hat hergeschickt, der- 0022wegen daß, so mit dem vnglückhseeligen Bott- 0023schaffter passiret ist, viel schone contestationes 0024gethan. Ich sage auch ewer Liebden schuldigsten danckh 0025vor die gute officia, so sie bey der oßnabrückischen 0026wahl gethan, daß ihnen diser glückliche ausgang
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0027zum mehristen zuzuschreiben. Ich kann ewer Liebden 0028nit beschreiben, was ein meritum sie sich dar- 0029durch bey meinem Kayser, obligation beym hauß 0030Lothringen, vnd applauso vnd lob von der ganzen 0031welt erworben haben. Ihre Mayestät werdens auch nit 0032vnerkandt lassen, wie auch gegen den Fürsten 0033von Heytersheim, seinen vettern und allen, die dar- 0034zue cooperiret haben, gott wirts auch ewer Liebden ab- 0035sonderlich vergelten, wegen deß grossen vortheils, 0036so der religion darab zuewachset. Bedanckhe mich 0037auch wegen deß negotio finto, so ewer Liebden dem Telliers 0038aufgetragen, hoffe, es werde nimmermehr ernst 0039werden, dan es unserm chur haus gar zue prae- 0040iudicirlich wehre. Im übrigen seind der Tellier 0041vnd Garelli zuruck kommen, haben von allem bericht 0042ertheil, jezt werden ihre Mayestät die sach reyfflich 0043überlegen und sodan resoluiren, von welchem ich 0044ewer Liebden schon alles berichten werde, es gehet halt nach 0045unserm brauch, das man nichts muß vbereylen. 0046Waß die Königin in Spanien in diser materi ewer Liebden 0047geschriben, hatt sie auch an meinen Kayser und an 0048mich gethan, auf das allereyferigst, ia zeigt, 0049das vor ein grosse offesa nehmen werde, wann es 0050nicht geschicht. Ich hab geantwort, das ist ein sach 0051von einer grossen importanz, die wohl überlegens
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0052braucht, und man die erleuchtung von gott 0053erbitten muß, auff keine andrer sach zue schauen 0054als allein auff gottes ehr vnd der seelen heyl, 0055zu disem sey nothwendig, das auch der König sie 0056liebet vnd ihm gefallen möge. Man redt dahier 0057viel pro et contra, doch mehr darwider als dar- 0058uor, dises macht die resolution aufhalten, 0059ich kan aber versichern, das nicht zu vor ewer 0060Liebden und durch ewer Liebden participirt vnd negotiret 0061wirt werden. Der Telliers hatt sein negotia- 0062tion mit dem Garelli wohl verricht, wehre aber 0063zu wünschen, das es vor der zeit nit auskommen, 0064ich weis wohl, das ewer Liebden nit schuld daran haben, 0065aber das vnglückh ist, das hier wenig verschwigen 0066bleibt. Vnmaßgeblich könten ewer Liebden der Königin 0067in diser materi vngefähr antwohrten, wie ich ge- 0068antwohrtet habe, und schadet auch nit, wan ewer 0069Liebden sie berichtete, das die Prinzessin nit so 0070schön wie sie glaubt oder vns will glauben machen. 0071Ich hab eben in diser materi gehört, was ewer Liebden 0072mir ge schriben, darum ich ebenfals nichts dauon 0073hab melden wollen. Daß negotium, so der 0074Telliers zu Florentz dem schein nach gehabt, 0075wehre wohl nit gueth vnd unserem churhauß 0076vber aus praejudicirlich, wann solt ernst draus 0077werden, welches ich ja nit hoffen will. Wegen
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0078der subsidien werden ihre Mayestät thuen, was sie 0079möglich werden können, ewer Liebden können selbst wohl 0080erachten, wie schwer alles ist bey disen so lang con- 0081tinuierenden krieg, vnd kombt darzue, daß 0082man mueß vorsehung vnd anstalten machen 0083wegen Spanien, wann der casus kommen solt, welches 0084täglich zu beförchten. Also auch wegen vberlassung 0085dero troupen, ver werden ihre Mayestät allzeit 0086ewer Liebden seine troupen vor allen andern gern 0087nemmen, vnd verlangen, wan nur ewer Liebden nit 0088schwehrere conditionen machen wolten, als andere 0089thuen, dan jezt man einmahl würthschafften 0090muß, vnd wo man sie zum wohlfeilsten 0091bekombt, wirt man sie miessen nemmen. Daß 0092der Teutschmeister ewer Liebden hart geschriben, weiß ich 0093nit aus was vrsachen oder in was occasion solches 0094möge geschehen sein, dann ich wohl kenne, daß ewer 0095Liebden alles thut, vnd waß vnsere brüeder ihnen alß 0096schuldig sein. Den Forstmeister wolt ich gern weit 0097dauon sehen, thue mich auch sehr darumb bemühen 0098habs durch Pater Wassenhoven starck lassen an- 0099bringen, aber bis dato noch nichts ausrichten 0100können, werde aber nit ermanglen, mein bestes 0101zuthuen, wie auch wegen deß Schallenberg, aber 0102mit dem gueten Bischoff ist nichts zue richten, 0103er last vns scheiben, vnt thut was er will. Jezt
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0104ist er doch ein wenig still, das man nit viel spro- 0105positi hört, er, der Bischoff, macht jetzt medicinen, vnd 0106will vielleicht gar gelt machen, ist schon ein occupation 0107ein gute würtschafft zue führen, daß gott erbarm. 0108Wegen bruder Carl finde ich einmahl nit, das er in 0109Polen soll gehen, der König verlangt nit mehr unsere 0110völcker, und ewer Liebden kennen ihn wohl, ich förcht, unser 0111bruder wirt dorten mehr in seinem furm zu leben 0112confirmirt, als besser werden. In Spanien ist nit zue 0113gedencken, dan die Königin claar schreibt, das dardurch 0114alles verderbt, vnd sie noch mehr odios bey der 0115nation sein würde, welches ich ihr nit vnrecht geben 0116kan, vnd es wohl glauben muß, man sicht ja, was 0117sie vor ein mühe vetter Görgel zu manteniren, 0118und förcht noch alleweil, er wirt noch einmahl 0119mit schandt und spott abziehen miessen, dah ist also 0120gar nit auf zue dencken. Ich weiß nichts besseres 0121vnd sicheres, auch die succession in unsern cuhrhaus, 0122woran so viel gelegen, zu stabiliren, alß daß ewer Liebden 0123ihn so viel an die handt gehen vnd sein apanaggio 0124so viel vergrössere, daß er mit einer gemahlin 0125und kindern ehrlich nachseinem standt leben kan, 0126und ihm sodan ein weib geben, die von Darm- 0127statt wirt vielleicht darzue wohl zue consideriren 0128sein. Ewer Liebden wollen die sache wohl bedencken, und 0129waß dem churhauß vnd der religion daran gelegen
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0130ist. Ich hoff zwar, der allmächtig werde ewer Liebden 0131noch seegnen, aber dise sach ist von solcher importanz, 0132das man mueß das sichereste spielen, wann ewer Liebden 0133succession bekommen, wie ich hoff, ists desto besser, 0134so können seine kinder ihr fortun mit dem degen suechen. 0135Wie ihr Durchlaucht, vnser gnädiger herr vatter seeliger, nur Herzog 0136war, hatt er drey söhn heyrathen lassen, wie viel 0137mehr können ewer Liebden jezt thuen, da sie die chur 0138dabey haben, ich hoff, ewer Liebden werden dise sach wohl 0139consideriren. Wegen Veldenz zweifle ich nit, 0140ewer Liebden werden in allem, was ihre Mayestät werden 0141außsprechen, gern nach kommen, dann ihre Mayestät 0142gewislich ewer Liebden kein vnrecht werden geschehen 0143lassen. Warumb ewer Liebden meinen, das andere sollen 0144praevaliren, weiß ich nicht, ihre Mayestät haben noch nie nie- 0145mandt, auch keinem priuat, vnrecht gethan, so0146werden sie es ewer Liebden weniger thuen, und 0147wann andere ihro Mayestät den respect verlohren, 0148werden ewer Liebden durch ihr guetes exempel sie ihn 0149in torto sezen und zur bekehrung bewegen. 0150Die pacta dotalia haben ihre Mayestät confirmirt, 0151ist guet, das ewer Liebden ein testament machen 0152reciproque, wirt auch ohne zweifel so eingericht 0153sein, das dem churhauß nichts praejudiciren 0154wirt. Wegen deß Sinzendorff, haben ihre Mayestät 0155nie resoluiert, ihne in Frankreich zue schicken, sondern
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0156alzeith vor den Walstein mehr sich geneigt 0157erzeigt. Den Pecori werd auch recommendiren. 0158Der guete Pater Bodler ist auch gestorben, aber gott 0159lob, es ist wider ein jesuiter erwehlt worden. 0160Bitt, ewer Liebden wollen mich bey meiner fraw 0161schwägerin entschuldigen, das nit schreib, ich hab 0162an disem brieff 14 tag geschriben, werds so 0163bald möglich ablegen, ich bitt, ewer Liebden wollen ihr 0164viel schöns von mir ausrichten, vnd ich werd sterben 0165Fauorita den 31 maij 1698 0166Den Pater Hilair werde ihre Mayestät gern recommen- 0167diren und mir die Eck lassen befohlen sein. 0168von 0169ihro Mayestät der römischen Kayserin 0170ahn 0171ihre churfürstliche Durchlaucht zue Pfalz aygenhändig 0172also abgangen