Eleonora Magdalena von Pfalz-Neuburg an Johann Wilhelm von Pfalz-Neuburg, Wien am 1698.01.15
Bayerisches Hauptstaatsarchiv München, Kasten blau, 44/7
Ausfertigungeigenhändig
218 r
000115 januarij 980002Postscriptum Auch, durh herzliber herr bruder, hab dero schreiben durch den curir 0003empfangen. Mein sohn hatt ein große freüdt mit 0004dero schreiben gehabt, es ist aber auf dises weiter 0005kein antwort vonöten. Nachdem dero Liebden schon werden ver- 0006nommen haben, was wegen des Telliers geschrieben, 0007darauf erwarte mit schmerzen die antwort vndt 0008bewuste expedition. Garelli ist schon0009wek, als wers gutt, das das übrige auch 0010balt geschehe. Durch den Grav Cauniz hab auch dero schreiben 0011empfangen, also halte den curir auf, bis das der 0012Kinski vndt Kauniz in den andern negotiis in expedirn. 0013In der feldensischen sach bitt ich, dero Liebden wollen mihr nit 0014übel nemmen, das ich ihnen so frey schreib, ist woll 0015die sach ein wehnig übereilt worden vndt ihr Mayestät, mein 0016Keiser, sehr preiudicurlich, das dero Liebden sich selbst in posses 0017sezen, eh ihr Mayestät, welcher dero richter sein, darin geschprochen 0018oder es dero Liebden concedirt haben. Dis wirt andren ein übels
218 v
0019exempel geben vndt ein ieder cuhr oder fürst sein 0020eigen richter wollen sein vndt auf dise weis alls 0021mit gewalt richten, welches die höchste confusion 0022vndt trennung in ganzen Reich wirt veruhrsachen. 0023Dero Liebden vergeben mihr, das so frey schreib, geschicht aus 0024trewen herzen, dan ich woll weis, das dero Liebden es nit in 0025übler intention gedahn, sondern vill mehr denen 0026die schuldt bey zue meßen, welche ihnen mit 0027solchen gähen vndt übereilenden rahten an die handt 0028gehen. Dero Liebden werden aber schon ohne zweifl bedacht 0029sein, die sach auf solche weis zu remediren, 0030das ihr Mayestät höchste auctoritet mit leiden möge, 0031vndt der ganzen welt zeigen, das sie allen wollen 0032ein exempel geben in der schuldigen deuotion vndt 0033respect gegen ihr Mayestät. Wegen Landgraf Fridrich, hatt der 0034gutte herr so vill schulden gemacht, das warhafftig 0035bey disen schweren zeiten vnmöglich fallet, ihr Mayestät noch 0036mihr, solche zue bezahlen. Man mus halt sehen, das der Papst 0037vndt andre gutte freündt auch concuriren.
219 r
0038Durchleüchtiger Cuhrfürst, mein herzallerliebster herr bruder 0039Ich bedankh mich zum schönsten wegen des guetten wuntsch 0040vndt newen iahr, dero Liebden zeigen halt immer, das sie ihr 0041alte schwester noch in ihrer affecten erhalten. Mihr 0042ist nuhr leidt, das nit vill gelegenheit hatte, 0043dero Liebden mein herzlige lieb zu erweißen. Wüntsche 0044dero Liebden von dem almechtigen alle glükhsehlikeiten 0045leibs vndt der sehlen, so sie selbsten verlangen, 0046ich aber werde sterben 0047dero Liebden 0048getrewst schwester 0049Eleonora 0050Wien den 15ten jener 1698