Eleonora Magdalena von Pfalz-Neuburg an Philipp Wilhelm von Pfalz-Neuburg, Wien am 1679.03.22
Bayerisches Hauptstaatsarchiv München, Kasten blau, 45/8
Ausfertigungeigenhändig
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0001Durchleüchtiger Fürst, herz allerliebster herr vatter 0002Bitte vnterdehnig vmb vergebung, das ich mit 0003vohriger post meine schuldichkeit nit habe abgelegt. 0004Mihr seint aus gewesen zue Hiezingen, dan sonst 0005kan man nirgens hin wegen übelen wegs, 0006vndt so balt mihr seint widerumb kommen, 0007ist die Kaiserin kommen. Gottlob, das die Erzherzogin 0008noch continuirt in ihrer hoffnung. Die Konigin in 0009Pohlen vndt sie werden schier zuesamen kommen. 0010Meine einzige sorge ist iezt allein auf das 0011niderkommen ihr Durchlaucht meiner geliebsten frau mutter . Ewer 0012Durchlaucht haben gahr zue große sorchfalt vohr mich, 0013das sie die Marta refusiren, bitte aber 0014nuhr vnterdehnig, ewer Durchlaucht wollen gnädigst consideriren, 0015wie schwehr ihr Durchlaucht das leztere mahl nider 0016kommen, vndt sie seint seider deme nit 0017iünger worden vndt seider das sie das lezte 0018mahl zue Neüburg die grose gefahr 0019ausgestanden, seint sie noch nie widerumb 0020so gahr stark gewesen, als vohrhin. Dieses derf
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0021ihr Durchlaucht fraw mutter nit schreiben aus forcht, sie möchten 0022sich schwere gedanken darüber machen, aber mihr 0023liget steht die angst auf dem herzen vndt 0024wirt mihr so angst genuech sein, wan ich 0025gleich weis, das die Marta vndt Doctor 0026bey ihnen sein werden. Was wurde erst ich 0027vohr bedrüebnus haben, wan ich deren eine 0028ihr Durchlaucht beraubet wuste. Es mag die hebammb 0029sein, so guett als sie immer wolle, so 0030ist genuech, das sie ihr Durchlaucht niemahlen bedient 0031hatt, dan dieses allein gleich eine große mutation 0032gibt, das also ihr Durchlaucht dieser beyden gahr hoch 0033vonöten haben, vnd ich aus sorgen mehrer schaden als 0034bey dero abwesenheit leiden möchte, dah hien gegen 0035bey mihr g kein einzige gefahr ohne sonderbahre 0036verhenknues gottes zue beförchten, wie ich dan diese 0037vrsachen mit mererem ihr Durchlaucht fraw m 0038werde vndt ewer Durchlaucht es auch vom Doctor selbst 0039vernemmen werden. Bey ihr Mayestät hoffe ich auch, 0040den proces zue gewinnen, wan mich ewer Durchlaucht 0041gleich verklagt haben. Ich verhoffe auch, aniezo 0042werden ewer Durchlaucht die expedition mit der staffetta, 0043welche schon verwichen erchtag 8 dag ergangen, empfangen
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0044haben. Es haben ihr Mayestät auch schon die post vorhero die 0045expedition auf allen fall vohr den Grau von Ötingen 0046ergehn laßen. Die hantschreiben, so ewer Durchlaucht verlangen 0047an Cuhr Cöllen, haben ihr Mayestät mit der stafetta 0048gedan vnd mihr auch solliches gnädigst anbefohlen. 0049Wan aber das meinige nit recht eingerichtet, 0050bitte vnterdehnigst mihr zue befehlen, in was 0051terminis sie es haben wollen, so will es alsobalt 0052abgehn laßen, vndt wirt mihr ein absonderlige 0053gnade sein, wan mihr ewer Durchlaucht in dieser vndt in 0054allen mit dero gnädigstem befehl vndt corection würdigen wollen. In den 0055punctis haben ihr Mayestät alles, was möglich gewesen, 0056bewilicht, also das der Cuhrfürst, wan er nit zeigen 0057will, das ehr halt auf keine weis will, sondern 0058vonFrankreich allein dependiren will, so kan er 0059nimmer zuerukh, dan man ihme alles gedahn, 0060was er verlanget. Ihr Mayestät haben ihm auch 0061exprimiren laßen, wie gahr ohne fundamenta er 0062pretendire, den Bischoff vndt sein brudern widerumb 0063in das ministeriumb zue sezen, vndt was vohr 0064schaden daraus entstehn werden. Der feler, so in des 0065Graus von Öting expedition geschen wegen des tituls, 0066ist in der geheimen canzelei geschen durch verges, das
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0067sie es an die reichs cancelei nit intimirt haben, welche 0068von deren an aller canzeleien geschen mues. Ist aber 0069schon alles widerumb redressirt worden. Des Königsekh 0070vottumb könen mihr nit schriftlich haben, dan er 0071sich erkläret, er wolle selbsten bey der wahl 0072erscheinen vndt das votumb müntlich geg geben, 0073aber darbey verschprochen, das ers keinem andren 0074als meinen bruder geben werde, sollichs auch 0075bey seiner abereis, wie ich selbiges mahl 0076ewer Durchlaucht schon berichtet, ihr Mayestät vndt mihr 0077persönlich verschprochen. Wegen der Cardinal von Heßen 0078vndt Fürst von Naßaus will ich mich möglichst 0079befleisen, vndt werden ihr Mayestät gern darzue cooperi- 0080ren. Was die verschprechung des kammerschlüßel 0081anlanget, wirt schwehr her gehn, dan ihr Mayestät sonst 0082keinem domhern den schlüßel geben, wie dan 0083ewer Durchlaucht sich wohl die difficulteten mit 0084dem Felix von Fürstenberg werden zue erinneren 0085wißen. Mit Trient hatt sich die Kaiserin vndt ihr 0086secretari anerbotten zue machen, das der Bischoff 0087selber von ihr Mayestät erlaubnus begeren solle, mein 0088bruedern zum coadiutoren zue machen. Ihr 0089Mayestät seint gahr wohl darmit zuefriden vndt 0090werden auch gern darzue cooperiren. Erwarten
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0091also, wie die sach verners gehen wirt. 0092Was die schpanische Niderlanden anbelanget, so werden 0093ihr Mayestät kein bedenken haben, wan ewer Durchlaucht aus sich 0094werden suechen zue negotiren, halte aber danoch 0095daruohr, es werde ihr Mayestät wohl gefallen, wan ewer 0096Durchlaucht auch dorte zueerkennen geben, das sie es nit 0097in preiudiz des Herzogen von Lottringen verlangen. 0098Dises schreibe ich blos aus mihr, dan annoch vohr 0099ihn in dieser materi negotirt wirt, bitte hierauf nit 0100zue antworten. Wegen des Grana habe ich schon lengst 0101ein verwurf von weitem sondirt, mich angenomen, 0102als wüste ich nit, was vohr stellen sein lehr worden 0103vndt solliches ihr Mayestät gefragt. So haben sie mihr 0104zue antwort geben, es sey niks lehr worden als 0105sein regiment, vndt der vize presidenten dienst, 0106die gedenken sie aber bey nit zue ersezen. 0107So habe ich dieses dem Grana widerumb sagen 0108laßen, was er verlange, das ich hierin duen 0109soll, erwarte sein antwort undt werde alles 0110mit eifer duen, dan er es meritirt. Due 0111mich hiermit in ewer Durchlaucht gnade befehlen, 0112habe so schon mitt meinem langen brief heünt
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0113gahr zue lang vngelegenheit gemacht. Ich werde sterben 0114ewer Durchlaucht 0115ganz ergebenste trewgehorsamste dochter 0116bis in doht 0117EMT 0118Wien den 22 merz 6790119Das gewef ist wohl gahr groß, mues woll ein 0120gewaltich schwein sein. Ist schatt, das nit ist 0121bekommen worden. Bitte vnterdehnig, mihr 0122nit in vngenaden zue nemmen, wan filleicht 0123die könftige post nit schreibet. Es ist in der 0124heiligen carwoch so vill in die kirch zue gehen, das 0125fast vnmöglich, so vill zeit zue haben. So eben 0126ist der Schellerer zue mihr kommen vndt hat noch- 0127einmahl instans gedahn wegen des Entler . Ich will 0128in allem mein best duen, aber wan man gahr 0129zue vill vohr aus verschpricht, so duen die 0130leütt darnach, was sie wollen. Das meint der 0131Hoher auch. Die zeit ist zue kurz, ewer Durchlaucht werden 0132alles mit merererm durch den Schellerer vernemmen.