Eleonora Magdalena von Pfalz-Neuburg an Johann Wilhelm von Pfalz-Neuburg, Wien am 1705.03.08
Bayerisches Hauptstaatsarchiv München, Kasten blau, 45/7
Ausfertigungeigenhändig
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0001Durchleüchtiger Curfürst, mein herzallerliebster herr bruder 0002Dero liebstes schreiben mit eignen courir vom 17ten dis hab ich 0003woll empfangen, in welchen sie mich mit solchen expressionen 0004überheüfen, das ichs gahr nit zu beantworten weis in hoffnung, 0005dero Liebden werden schon genuegsam meiner gegen deroselben dragenden 0006bestendig lieb vnd dankhbares gemüet versichert sein, 0007welches ewich in mihr verbleiben wirt. Gestren seindt die 0008Herzogen von Lottring hier abgereist, der Bischoff mit höchster 0009obligation gegen dero Liebden vohr die lieb vndt sorg, so sie seinet- 0010halben in der münstrischen sach bezeigen. Hierbey kombt 0011die resignation vom Bischoffen von Augschpurg, welche man 0012zue Rohm mues auch mit negotiren, woh ich vernimme, 0013das ohne diß der sentenz schon in fauor vnsers herrn brudern 0014ergangen sey. Den Deütschmeister werd suchen zu disponiren, 0015das er sein canonicat resignire zu disposition ihr Mayestät, 0016wie man finden wirt, das es vonöten sein wirt. Den Laschanzki 0017betreffendt, so glaub ich, der Cocorschowiz werd nit so leicht 0018seinen dienst resigniren, expectanzen geben ihr Mayestät gahr vngern, 0019wehre guet, wan man einige experienz seiner capacitet halber
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0020halber haben könte, dan dises ein dienst von großer importanz, 0021vndt hette ihn der junge Cocorschowiz nie bekommen, wan nit sein 0022vatter, welcher ihn lang gehabt vndt eine großer experienz 0023drin hatt, welche dazu erfordert wirt, ihme zu assistiren vndt 0024in allem zu informiren vndt capace zu machen verschprochen, auch 0025ihn vorhero schon vill zeit in disen sachen gebraucht hatt. Ihr Mayestät 0026werden aber alzeit in ansehn dero Liebden gern alles duen, woh nit dero 0027dienst leiden möcht, welches ich gesichert bin, das dero Liebden selbsten nit 0028begern. Wegen des Rechtern, so bitt ich dero Liebden wegen meiner vngeschiklichkeit 0029vmb vergebung, als Rechtern hab niks gewust, aber als Alnelode 0030mich gleich alles erinnert. Ihr Mayestät seindt gahr geneigt dazu, 0031meinen aber, es sey damit zu warten, bis ein reichsvicekanzler 0032benennet sein wirt, mit ihme alles beßer, wie auch wegen 0033der tax, einzu richten. Der tractat wegen der 4000 man kommet 0034hierbey, vndt werden dero Liebden so woll vom Wißer als Sinzendorf 0035ausfürlich vernemmen, warumb noch nit der heimligerecess 0036erfolgt, weilen nemmblich es doch durch die canzley hette müßen 0037expedirt werden, woh doch bisweilen ein gefahr, das nit etwas möchte 0038palesirt oder wehnigst conjecturirt werden, welches absolute 0039die achts erklarung wurde verhindert haben, vndt dero Liebden doch 0040bey dero biglet vnd desen confirmirung genugsamb ver- 0041sichert sein. Also hat man vohr nötich gefunden, es bis nach 0042der achts erklärung zue verschieben, hoffendt, dero Liebden werden doch 0043dero troupen also balden marchirn laßen, weilen, so 0044es lengeren anstandt haben wurde, sie hernacher nit allein 0045nit mehr helfen, sondren alles verlohren gehn werde vnd ihr Mayestät außer 0046stand gesezt,
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0047Walischlandt vnd den armen Herzoch von Sauoi nit secorirn können, 0048welcher vmbsattlen möchte vndt so dan mein armer verlaßner 0049Carl, mihr vndt dero Liebden niks mehr zu hoffen hetten. Dero Liebden haben iah 0050allzeit geschpürt die lieb, so ihr Mayestät vohr sie haben, also an 0051deme nit zu zweiflen, das so balt es möglich, sie den 0052effect ihnen werden empfinden laßen. Die allijrten laßen kein man marchiren, 0053wan mihr nit die 8000 prestiren, wan dero Liebden 4000 zurukh bleibeten, wusten wir nit 0054es zu ersezen. Dero generoses gemüet wirt vns iah dismahl 0055in der grösten noht nit steken laßen. Die misverstendtnußen, so 0056wegen des Prinz Eugen, so bestes vohr dero Liebden intentionirt, zwischen den Wißer 0057vndt Sinzendorf seint vohrgeloffen, ist halt überall 0058nuhr ein verstoß vndt wirt sich alles, wan mans 0059beim liecht besicht, finden, das es ein lahre färe vndt 0060nuhr eins das andre nit recht eingenommen habe, 0061dan alle drey woll intentionirt sein, aber durch ein verstos 0062kombt balt ets etwas solches heraus. Dero Liebden haben dem 0063preüßischen enuojée auf das beste, wie sie es alzeit dun, geant- 0064wort, vndt ist sich woll vohrzuesehen, das er nit den ge- 0065ringsten argwohn bekomme von dero Liebden pretensionen, 0066sonst wurd er a tutto poter die acht verhindern, auch 0067der Effren hatt sich woll in obacht zue nemmen, das 0068er gahr nit zue verstehen gebe, das dero Liebden die sach dreiben 0069oder verlangen, sondren bloß nuhr, das sie wollen sich erkundigen 0070seiner sentimenten, vmb nach derselbigen sich richten zu konnen 0071vnd die nötige mesures zu nemmen. Wan ein mahl
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0072nuhr die acht erklehrt wirt vnd mitt aller consens, so 0073gibts weiters kein disputat wie wegen der 9ten cur vndt kan man 0074desto scherfer verfahren vndt so dan auch dero Liebden geholfen werden. 0075Bezie mich nachmahlen auf den Wißer vnd Sinzendorf. 0076Die anschpachische sach betreffendt seindt ville considera- 0077tionen zu machen, erstlich wegen der gesuntheit, dah 0078vermeinete ich, wan dero Liebden den Doktor Brunner kunten hinn 0079schiken, das er alles woll examinirte vnter der handt, 0080so dan eine relationem medicam hier her schikete, warüber 0081mihr auch vnsere könten consultiren, dan doch an der 0082sucession alles gelegen. Das übrige betreffendt, 0083so förcht ich, wirt der doht der Königin in Preüßen woll 0084villeicht die sach verderben vnd sie lieber selbigen König 0085nemmen in ihren landt vnd hauß vnd religion zu bleiben, inson- 0086derheit, dah man ihr solche malitiose relationes 0087von Schpanien in allen disen gemacht hatt. Ich schreibe danoch 0088dero Liebden jenen verlangten brif, hab in aber so eingericht, 0089als wan ich nuhr glaubte, das der scrupel bey dero Liebden 0090wehre. Bitte auch, selbigen woll zu menagiren vnd 0091nit zu comuniciren, wan nit das bedenken wegen der gesuntheit0092gehoben, vnd das mihr vns keinen refus exponiren. Doch 0093ist in allen disen auch kein zeit zu verliren, damit das 0094bukelt brüderchen nit vohrkomme. Aus denen relation
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0095zwar hab ich mihr nit vill hoffung gemacht, noch wehniger aus dem 0096original, so mihr der Bischof von Rab von ihr an ihn geschikt, doch mus 0097man alles möglige anwenden, wan nit das bedenken wegen der 0098krankheit, dan mein sohn ohne dis in so vill vnlusten stekt 0099vnd mihr noch in sein lezten brif vom 29ten sehr eifrig darin schreibt, 0100wie dero Liebden aus bey ligenden seinen original ersehen werden, bitte aber 0101alles zu secretirn. Er schreibt zwar, wie dero Liebden sehen, der Almirante 0102strepitir darwider, hingegen sagt mihr der Moles, das er 0103ihm schreibt vndt es aprobirt, also ist es über mein ver- 0104standt, aber entlich ist auf dis nit so vill zu schawen, do 0105wan nuhr die gesuntheit vordrist der sehl, hernach des leibs 0106keine hinderung, vermeine ich, solle man sich nit länger 0107auf halten. Meiner schwester von Parma, vermein ich, kunten sie 0108indeßen antworten, sie traweten ihnen die sach nit anzubringen, 0109weilen sie wusten, das man verlangt ihn balt zu verheiraten, 0110vndt die Prinzessin noch allzujung seye. In deßen gewint man zeit, 0111vndt eben wegen der succession bekommens selten, wans so 0112iung heiraten. Den Pater Latorres betreffendt dreib ich allzeit 0113ahn, das er möge depechirt werden, es kommen aber alzeit 0114meher difficulteten wegen der puncten, vnd mihr kombt vohr, er 0115selbst mocht alzeit was neus vnd verlang nit sehr wekh, 0116will sein coadiutori zufohr richten, welches sich nit duen last, 0117dan der Papst absolute nit will, ihr Mayestät auch nie kein coadiu- 0118torem denominiren, sondern dar drin consentirn, wan ihn der bischof begert,
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0119so aber ohne des Papsten consens nit sein kan, er auch nit 0120verlangen wirt, das ihr Mayestät wegen seiner mit dem Papsten 0121in newe misuerstandtnus kommen möge. Bringe er 0122ein mahl ad effectum die große sach, so er verschprochen, 0123hernach wirt sich das ander schon schiken, wan er so sicher dauon0124ist, das es reusiren werde, kan er iah so lang warten, dan 0125hatt man vhrsach, auch sterkhere representations ihr Heiligkeit 0126zu machen, aiustir er nuhr einmahl die puncta, mache 0127sie aber nit so exorbitant, geh vndt richt die sach 0128zu einen würkhligen effect, so dan wirt ihm schon könen geholfen 0129werden. Wegen der Arrenberg haben dero Liebden woll gedahn, es ihr so zu schreiben, so 0130steht zu erwarten, was sie darauf antworten werde. Die tirolische 0131sach wirt izt eingericht werden, der Seraw ist hir, ich hab bruder Carl 0132schon 2 mahl geschriben, das er kommen soll, vndt bekommb 0133kein antwort, izt kombt aber ein dohrzettel, das von ihm 0134ein cammerdiener als courir kommen, so hoff, ich werdt 0135was hören, werds mit nechsten dero Liebden berichten. Wegen der litawische 0136gütter wirt sich mit so dan, wan er kommen wirt, alles 0137zum besten abreden laßen. Wegen des Papsten finde ich gahr woll 0138eingericht, was ist geschriben worden, ist also die antwort darauf 0139zu erwarten, wehr woll zu wüntschen, das sich die sachen ließe 0140auistirn. Ich meines orts werde mit freüden dazu helfen was 0141ich kann, wan sich ihr Heiligkeit nuhr nit gahr zu sehr vohr die gegendeil0142erzeigeten. Wegen des florentischen Gesanten, hab ichs nie anderst 0143genommen als vohr ein vnuerstandt von ihm, es auch dero Liebden
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0144nuhr a caso erinert, weils eben apropo kommen ist. Der banco 0145hatt schon die meisten fundi, verschpricht noch alzeit vil, aber 0146wehnig sicht man noch daruon, woh es fählt, weis ich nit, es wehr 0147nit übel, wan dero Liebden ein mahl dem Narbis vnd Moles dis 0148fals zueschreiben dähten vnd hören, was sie sagen. Das reichs 0149vicecanzleriat betreffendt werden dero Liebden aus ihr Mayestät schreiben, desen 0150copei hierbey kommet, ersehen, das ihr Mayestät lieb wirt sein, 0151wan dero Liebden es auf den Lipperl bringen können. Leztligen wegen 0152des Deütschmeister, so sehe ich nit, das nötig ist, das er seine 0153grauamina wider erst dero Liebden schike, weilen dero Liebden hier in den Grav Öting, 0154Seiler vndt Heübel compromitirn wollen, wer dis nuhr ein 0155aufenthalt vndt iah beßer, wan sie bederseits, wie dero Liebden 0156mihr verschprochen vndt ich mich an ihren heilig parola halte, 0157das sie bede solten her schiken, ire grauamina vohrbringen 0158vndt das man soh sehe, wie man güettlich auß der 0159sachen kommen möge. Dero Liebden derfen sich nit förchten, das man 0160etwas duen werde, so wider das curhaus, wehniger wider die 0161pacta familiae sein könte, ist der Deütschmeister iah selbst 0162vom haus vndt ist der Seiler auch von allem informirt. 0163Zue deme verschpriche ich dero Liebden, das man niks schließen wirt, 0164eh das ich es dero Liebden werde comuiniciren vnd dero aprobation 0165darüber erhohlen, dero Liebden besorgen sich nit des geringsten prejudiz, 0166dan ich ich nit werdt wehre, ein Pfalzgrauin zu sein, 0167wan ich das geringste vnsern hauß preiudiciren wolte. Die
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0168einichkeit, lieb vnd gutte harmonia aber vnter vns geschwistert 0169nach dem lezten befehl vnsers vnuergleichligen papa ist 0170mein einziger zwekh, vndt dringt mihr in das inerste 0171meines herzen, dan mihr die bedrohung im kopf, das wan 0172mihr vneinig wurden, er sein segen von vns abzihen wolle. Also 0173bitt ich nochmahlen, dero Liebden trosten mich mit disen, was sie mihr 0174so kreftig verschprochen haben. Ich aber werde vnverenderlich 0175leben vndt sterben 0176dero Liebden 0177getrewste schwester 0178Eleonora 0179Wien den 8ten merz 1705 0180Den Cauniz werd reccomendiren, der 0181Erzbischoff will zwar absolute keinen coadiutorn haben 0182oder anemmen, villeicht aber kan man ihm sonst ein 0183hoffnung dazu geben, so vill es erlaubt ist.