Eleonora Magdalena von Pfalz-Neuburg an Johann Wilhelm von Pfalz-Neuburg, Wien am 1707.04.26
Bayerisches Hauptstaatsarchiv München, Kasten blau, 44/9
Ausfertigungeigenhändig
44 r
0001Durchleüchtiger Curfürst, mein herzallerlibster herr bruder 0002Entlich einmahl haben mihr ein guette resolution 0003aus Schpanien bekommen wegen der Prinzessin von Wolfenbuttl, 0004doch mit der fatalitet, das selbige nuhr müntlich 0005durch den vberschikten secretari Degen vberbracht worden, 0006weilen sein schiff vom feindt ataquirt vndt so vbel 0007zugericht, das er seine bey sich gehabte brif in 0008das mehr geworfen. Er hatt sich entlich auf ein klein 0009schiffel saluirt vnd hernach das schiff, damit es nit in 0010feindes hand komme, gegen welchen 6 schiffen dises sich 16 0011stundt gewert hatt, verbrendt. So vill hatt er müntlich 0012außgericht, das sich mein sohn zu der heirat mit der Prinzeß 0013von Wofenbüttl resoluirt habe, verlange aber, das 0014es annoch in höchster geheim verbleiben solle, biß dahin 0015die Prinzessin die offentlige proffession gemacht vnd dahir 0016sein wirt, auch die sachen in solchen standt zu setzen, das sie 0017balt hinein kommen möge. Doch könne man dem
44 v
0018dem alten herren dauon in geheim parte geben vnd dises 0019versichern. Weilen den dero Liebden dises große wekkh angefangen vnd 0020so weit glükhlich gebracht haben, das mihr alle dero Liebden den dankh 0021dauon schuldich sein, so habe dero Liebden dauon das erste participirn 0022wollen, damit durch selbige dem Herzog Liebden solches möge 0023bey gebracht werden, wie dan zu disen end dero Liebden ein schreiben 0024an selbigen bey schließe. Der Degen auch glaubt, das dises meins 0025sohns intention vndt woll in den brifen wurde gestanden sein, 0026weil er dero Liebden dauon alle obligation hatt. Iezt wirt man sich 0027hir befleißen, die sachen so balt möglich einzurichten, damit 0028man ihm sein braut balt schiken könne. Hoffe auch, das 0029der güttigste gott dise campagne die sach in solchen 0030standt sezen werde, das dißes könne effectuirt werden, 0031dan ich es recht erkenne vohr ein werkh der handt 0032gottes, der wolle sein gnad verners dazu verleyen. 0033Der Degen hatt mihr auch mit mehren bericht die große 0034confidenz, so mein sohn gegen dero Liebden drage, das er iezt drinnen 0035in ein gefährligen standt, in dem zu besorgen, das alle 0036die troupen, so aus Italien gangen, Frankreich gegen mein 0037sohn in Schpanien emplojren möge. Dabey hat er representirt, wie 0038er sich so gahr nit auf die portugeser verlasen kan, welchen 0039ihm vohrige campagne gahr nit parirt, sondern hundert
45 r
0040insolentien gedahn, vber die andern allijrten hat er auch nit 0041das absolute comando erhalten, also höchst nötig, das 0042er einige troupen, die allein von ihm dependirn, 0043haben möge vndt also wider sein recours zu dero Liebden nimbt, 0044das im fall man in Italien einige troupen mißen 0045könte, wie ich hoffe, das sein wirt, dero Liebden möchten erlauben 0046vndt die order geben, das man von ihren troupen ein 00474 oder 5 000 mann hinein schiken könne. Zu disen aber ist nötig, 0048das sie vohrhero recroutirt werden, dan sonsten man 0049nit detachiren könte, also bitte dero Liebden, auf alle weis 0050bedacht zu sein, das auf das baldiste sie möchten 0051recroutirt werden. Es hatt mihr der Wißer gesacht, das 0052dero Liebden ein battalion von den Margrauen erhandelt. Wan dero Liebden noch 0053etlige, so vill als nötig, mitt schiken könten, wehr das beste, 0054dan alles an der zeit ligt, dan wegen der moscowittischen 0055ist es erstens noch vngewiß, ab mans erhalten wirt, 0056vndt wan es auch wehr, wirt es zu lang, bis alles 0057aiustirt wirt. Also bitt dero Liebden auf ander zu gedenken 0058vndt die gütte vndt vätterlige lieb, so dero Liebden alzeit vohr 0059mein Carl gehabt, auch in diser seiner großen noht 0060zu erzeigen. Den herrn Großherzoch betreffendt, so könen 0061dero Liebden versichert sein, das ich alles möglige duen werde,
45 v
0062vndt findt ich auch mein geliebsten sohn, den Keiser, sehr woll inclinirt, so vill 0063als immer möglich sein wirt. Dagegen zweifle ich auch 0064gahr nit an der Herzogen seine grosmüettichkeit, das er, dah iezt 0065die sach in grosen crisi ist, mit aller mögligen assistenz 0066nit wirt aus handen gehn, vndt wan wegen Frankreich einig 0067egart sein soll, kan man doch das übrige in hochster geheim 0068halten, was der Herzoch sein generositet vns assitiren wirt. Dero Liebden 0069konen versichert sein, dan der Keiser vnd mihr alle gahr zu 0070woll kennen vndt erinnerlich sein aller der obligationen, 0071so mihr dero Liebden alle dise zeiten hero haben vnd es an der erkant- 0072nus nicht ermanglen wirt. Allein seint dero Liebden selbsten so hoch- 0073vernünftig vndt erkennen, das man nit allzeit so gleich alls 0074effectuirn kan als man es wünschet vnd sich nach den coniuncturen 0075richten mueß. Dero Liebden aber können versichert sein, das es alles zu seiner 0076zeit nit ermanglen wirt. Auf alle die puncta währ gahr 0077zu lang zu antworten. Ich weis aber, das dero Liebden von den meisten0078selbsten die vhrsachten erkennen vnd so dan auch nit 0079zweiflen werden an des Keiser vndt vnser aller erbietung, 0080absonderlich derienigen, so bestendig verbleiben wirt 0081dero Liebden 0082getreweste schwester 0083Eleonora 0084Wien den 26ten aprill 1707