Eleonora Magdalena von Pfalz-Neuburg an Johann Wilhelm von Pfalz-Neuburg, Wien am 1694.10.20
Bayerisches Hauptstaatsarchiv München, Kasten blau, 44/6
Ausfertigungeigenhändig
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0002Durchleüchtiger Curfürst, mein herz allerliebster herr brueder 0003Von ihro Durchlaucht, meiner geliebsten frawn muetter, werden dero Liebden vernommen 0004haben die vhrsachen, warumb ich nit ehnder dero liebste schreiben 0005vom 17ten passato vndt 7ten dis, welches ich vohrige post empfangen, 0006beantwortet hab, hoffe also, dero Liebden werden mich vohr entschuldigt 0007halten. Bitte auch, sie wollen mitt mihr nitt solche ent- 0008schuldigungen machen, dan sie woll wißen, das mein gröste freüdt, 0009wan sie mit mihr oner cerimoni bleiben vndt dero gelegenheit 0010in allem in acht nemmen. Das ihr Durchlaucht, vnser geliebste fraw 0011muetter, sich resoluirt, bis auf die fasten zu bleiben, 0012zeigt, das dero Liebden solches durch ihre lieb vndt kintlige 0013bedienung vndt liebreichen manier, auch eigner dexteritet 0014solchs ausgewürkt vnd sie nit aus demut solches 0015weder fraw Kezchen noch Margret oder apoteker zuezueschreiben. 0016Es ist aber gutt, das ihr Durchlaucht die fraw Kezchen woll leiden
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0017mögen, dan sie ein dame, die es woll meritirt. Die odiose 0018materi, wie ich sehe, ist in guttem standt. Ich will iah 0019nit hoffen, das der Bischoff von Augschpurg etwaß andres 0020wirt aparte geschriben haben, dan er mir die sach gahr zue 0021solemne verschprachen, vndt bitte dero Liebden, wan ihr Durchlaucht, vnser 0022geliebste fraw mutter, den brif werden geleßen haben (dan ich ihn schon vohr 0023etligen posten geschriben, das dero Liebden in haben), mihr selbigen 0024widerumb zuerukh zue schiken, damit ich auf allen fall 0025den Bischoff seines gegebenen worts mitt beßern nach- 0026drukh erinnern könne. Die stichwörtl hab ich ihm woll 0027gahr nit vohr übel, dan zwischen brüeder vndt schwester 0028mueß man die sachen nit so genaw nemmen, sondern 0029allzeit in alter vertreülichkeit bleiben. Ist mihr nuhr 0030leidt, das kein gelegenheit hab, ihm auf eine ander 0031weis zue dienen, welches villeicht doch noch woll sich ein 0032mahl schiken kan, dan wie er mihr selbst gesacht, so 0033gehen seine gedanken auf Eichstett. Wan er nuhr in deßen 0034die sachen so incaminirt vndt mitt den dortigen dumherrn 0035also comportirt, das ein hoffnung zue machen ist, damit 0036zu spuntiren. Guett wers aber woll, wan man den Schallenberg kundt 0037von ihm wekh brengen. Wegen des regiment, so dero Liebden
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0038sich so generosamente erbotten, bezie mich so woll auf das, was 0039von ihr Mayestät als dem Schellerrer dero Liebden werden vernemmen. Weis zwar 0040nit, ob es noch mit heüntiger post wirt geschen, dan 0041der kriegsraht noch einige erinnerungen darbey gedahn, 0042ich will aber andreiben, waß ich kann. Bedanke mich schönstens 0043gegen dero Liebden, das sie auf meine reccomendation den Neßelrot 0044vnd Geßers begnadt haben. Was mihr dero Liebden in perseè schreiben, können 0045sie allezeit versichert sein, das in mein herzen vergraben 0046bleibt, es sey was es immer wolle, also auch wegen 0047des Schöning. Ich hab nuhr von weittem ihr Mayestät remonstrirt, 0048waß seine entlaßung vohr üble sequelas habe, 0049vndt gesacht, wehr doch darzue habe eingeraten, so 0050haben mihr ihr Mayestät geantwort, sie erkennen gahr woll, das 0051es nit guett sey. Es hette aber nit anderst sein können, 0052sintemahlen der Cuhrfürst sonsten niks duen wollen 0053vndt alles vber ein haufen geworfen hetten. Es hette auch 0054der Hoffkanzler sehlig, welcher doch der auctor seiner 0055gefangenschafft gewesen, vohr seinem doht es starkh 0056eingerahten vndt alle andre ministri vnanimiter 0057gefunden, das pro nunc nit anderst hette sein können, 0058so hab ich von der sachen abstrahirt. Es wirt dise 0059dag der Windischgräz zue mihr kommen, so werdt
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0060mit ihme ausfürlich so woll wegen der quartier, electorat 0061als wegen der obereinischen kreis sach, wardurch alles diese 0062übel vill remedirt wurden, reden. Was sein verlangen 0063angeht, wolte ichs von herzen gern duen, so woll wegen 0064seiner, den ich sehr estimire vndt kenne, wie er ihr Mayestät, 0065mein Keiser, auch dero Liebden vndt vnsern ganzen haus trew vndt 0066eifrich dient, als auch wegen ihrer, die gahr ein 0067liebe dame ist. Aber ist halt wegen der consequenzen, 0068die ich alle dem Wißer ausfürlich gesacht, auf 0069den ich mich kürze halber bezie, weßwegen ihr Mayestät, mein Keiser, 0070disfals dan ein bedenken dragen. Die haubtsach betreffendt, 0071so ist gutt, wan der Hamilton wekh ist, vndt ist kein 0072zeit zue versaumen, dan die ander parti ist starkh. 0073Ich kann nit vnterlaßen, dero Liebden ein sach zue berichten, die 0074dem Hamilton zue seiner direction woll daugen wirt. 0075Es ist vohr wehnig dagen der hiesige Resident zue einer 0076gewißen person kommen vndt hat gesacht, er hab befehl, 0077eilens hinein zue reisen, doch niemant, auch dem 0078hiesigen inuiato nit, zue sagen, das er beruefen, sondren den 0079pretext zuenemmen, das er geh zu heiraten. Er weis 0080nit, ob nit etwan man hier auf dise sach gedechte, vndt 0081es were halt so ein gewaltige sach vohr allerseits heuser,
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0082et cetera . Dise person zue allem glükh inclinirt auch sehr dazu, 0083deren zwar sonst hier wehnig seindt, also ihm geantwort, man glaube nit, das hiesiger orten 0084darauf ein gedanken sey aus vhrsachen der religion. Er aber 0085dete es woll von herzen wüntschen vndt glaubte alle dise 0086rationes, so er ihme vohrgedragen, weil er aber hinein 0087geh, so solle er sich bemüen, die sach dahin zue dirigiren, 0088das man sie heraus laße vndt catolisch erzien. Wan er 0089das werdt richten, so wolle er sich bey ihr Mayestät dem Keiser, 0090mihr vndt allen ministris mit allen kreften bemüen, die 0091sach zue richten vndt hoffete zu reusiren. Der Resident 0092antwortete, ehr wolle es probiren, müeste aber 0093dise sach heiklich tractirt werden, vndt das beyleib kein 0094predicant kein windt daruon bekomme. Also hab ich 0095ein wehnich ein hoffnung, es möchte gehen, aber der 0096Hamilton mues sich woll in acht nemmen, das er 0097iah nit zeigt, als wan mans hier verlanget, sonst 0098werden sie allzeit schwerer conditiones machen. Wan diser kerl 0099hinein kombt, mues er sehn mit ihm bekandt zue 0100werden. Ich will machen, das man ihm an die handt gibt, 0101das er soll mitt dem Hamilton daruon vertreülich handelen, 0102dan dero Liebden wurden vill in dißer sach duen können, wan 0103er durch den Hamilton machen könt, das dero Liebden sich darumb anemen,
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0104so wirt der Hamilton beßer occasion haben, im dise materi zu 0105negotiren oder vill mehr zue sondiren. Im vbrigen haben dero Liebden 0106wohl recht, das man mus sehn, gutte leütt beim König 0107zue haben, vndt ist der Fürst von Salm nit zue 0108verbeßeren. Dero Liebden können versichert sein, das ich gewiß 0109seine person mihr werd angelegen sein laßen, in meins 0110Keiser genad zue erhalten, welcher ihn allzeit wider 0111seine feindt, deren er vill hatt, hoffentlich manteniren 0112wirt, dazue ich gewis mein eüserstes werde anwenden. 0113Das der gutte Graf von Ötingen so content von dero Liebden wekh 0114ist, freüdt mich, vndt ist der auch einer aus denen, 0115aufwelche man sich verlaßen kan vndt der noch gutte 0116dienst duen wirt. Die mainzische sach hatt gott so disponirt, 0117der weis schon warumb. Wegen Münster will auch gern contri- 0118buiren dazu, was möglich sein wirt, wan nuhr ein hoffnung wirt 0119sein zue reusciren. Ich schik heündt ihr Durchlaucht, vnserer 0120geliebsten fraw mutter, ein brif von vnsere schwester von 0121Parma, waraus dero Liebden sehen werden, das sie den 0122vohrschlag wegen Madana nit verwerfen dut. Schließe, 0123weil kein zeit mehr hob, bitt mein lib fraw schwegerin 0124vnerhört vill schöns von mihr auszuerichten, werde sterben 0125dero Liebden 0126getrewste schwester 0127Eleonora 0128Wien den 20ten octobris 1694 0129Nuhr balt den Hamilton vortgeschikt, dero Liebden werden 0130nach dero belieben ihr Durchlaucht, vnser geliebsten fraw mutter, comunicirn von disen brif, insonderheit 0131in der haubt sach.