Eleonora Magdalena von Pfalz-Neuburg an Johann Wilhelm von Pfalz-Neuburg, Favorita am 1694.06.11
Bayerisches Hauptstaatsarchiv München, Kasten blau, 44/6
Ausfertigungeigenhändig
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000111. junij 940002Durchleüchtiger Cuhrfürst, mein herzallerliebster herr bruder 0003Ich hab dero liebsts schreiben vom 28ten passato woll 0004empfangen. Vndt gleich ich mihr woll einbilden 0005kan, wie schmerzlich es dero Liebden gefallen, disen bedrübten 0006dohtfahl zue überdragen, also hoff ich zue dem 0007almechtigen gott, das, weil er nie aus seiner vn- 0008entligen barmherzichkeit ein kreüz auferlegt, so 0009er nit sterkhen verleyt, jah selbsten hilffet dragen, 0010auch solches vns allen in disen zuefall verleyen 0011wirt. Ich bin dero Liebden vnentlich obligirt vohr die sorch, 0012so sie vohr meine gesuntheit dragen, daraus 0013ich erschpüre dero bestendige lieb gegen mich, vndt ich0014gewißlich nit vnterlaßen werden, auch solche bis 0015in mein grab gegen dero Liebden bestendig in mein herzen zue
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0016herzen zue dragen. Meine gesuntheit aber betreffendt, 0017so bin ich nuhr gahr zue heiklich auf mich selbsten, 0018vndt derfen dero Liebden nit sorgen, das vnkraut verderben wirt. 0019Bin nit werdt die sorch, so dero Liebden vohr mich haben, aber 0020wan ich deroselben oder vnsern haus einige erschprieslige 0021dienst duen kan, werd ichs gewiß nit vnterlaßen. 0022Wegen des Deütschmeisterdumb vndt andren stifftern 0023werden ihr Mayestät gern alles bey dragen, aber ich bitt, dero Liebden 0024wollen doch die dritte wahl zue Lüttich woh möglich 0025verhindern, aufs wehnigst bis man sicht, was 0026zue Rohm heraus kombt. Ich due mich in disen 0027auf des Schellerer sein vohriges bezien, dero Liebden nit 0028mit weitlaüfichkeit mehrer vngelegenheit 0029zue machen. Weil das votum beim Deutschen Orden also 0030ist eingericht, so ists leichter, nuhr disen schcrupel 0031hab ich, so ich ihr Durchlaucht, meiner geliebsten frau mutter, überschriben. Gott 0032wirt aber alles zum beßen schiken. Wegen des Camargelle 0033werden ihr Mayestät vndt ich inn Schpanien schreiben, aber mich dunkt, 0034es hatts auch ein mahl der Neßelraht verlanget. 0035Wan dißes wehr, glaubt ich, das, weil er sich dise 0036mahl so woll comportirt hatt, das man ihm nit aus
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0037handen gehen soll, wan ers aber nit verlangt, kan 0038man woll alle officia vohr den Granpasteur von firsten0039anwenden. Bitt hierauf bald ein antwort. Wegen der 0040odiosen materi erwarte mit nechsten dero Liebden sentiment. 0041Wegen Vlmiz hett vnser lieber Bischoff von Preßlaw 0042beßer gedahn, ehender seine officia darbey 0043einzuewenden, wie ich ihm woll treülich geraten, 0044iezt geschichts, wie dan der erste congres schon gutt 0045ist abgangen, vndt er hatt kein dankh daruon 0046vnd eher hett er alles meritum allein gehabt. 0047Nuhnmehr wirt ihr Durchlaucht, vnser geliebste fraw mutter, auch 0048schon glükhlich ankommen sein, dero Liebden duen woll, wann 0049sies können bey sich behalten, aber mueß mit 0050ihren volligen contento sein, damit sie nit in 0051des guten Bischoff von Augschpurg ihr ein 0052gebne üble meinung gesterkt werde. 0053Wegen des Schalenberg will gern cooperiren, wan nuhr 0054ein mittel wüst, auf was weis er wehre 0055wekh zue bringen. Den Welschperg werdt ihr Mayestät bestens 0056reccomendiren. Wegen des Schellerer, so will auch gern
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0057ihn reccomendiren, weis aber nit, ob vndt wan 0058ihr Mayestät einen vice kanzler resoluirn werden. Wegen 0059vnserer schwester zue Parma, so schreibt sie 0060mihr leztlich, das sie iezt drinnen beßer zue 0061friden vndt, wans so verbleib, kein vhrsach habe 0062wekh zue verlangen. Also mus man weiters erwarten, 0063solt sie aber noch einmahl heraus verlangen, 0064müesten sich ihre Mayestät interponiren vnd sehn, ob man 0065richten könnt, das sie ihr vnterhalt ihr heraus liesen. 0066Die schwedische heirat betreffent, welches ich hinfüro das 0067wichtige negotium nennen werde, so bezie 0068mich auf den Hamilton, das nemlich dero Liebden vnter 0069der handt, aber das geringste nit als wans von 0070hir kehme, erkundigen möchten. Weil dise sachen 0071der feder nit woll zue trawen, bezie mich 0072auf den Hamilton vnd due mich dero Liebden zum schönsten 0073befehlen, als die ich sterben werde 0074dero Liebden 0075getreweste vndt dienstwillege 0076schwester vndt dochter 0077Eleonora 0078Favorita den 11ten junij 1694