Ausfertigungeigenhändig

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0001Durchleüchtigster Cuhrfürst, mein herzlibster herr bruder 0002Ich schäme mich recht, derf schier nit erscheinen, das 0003so lang mein schuldichkeit nit abgelegt. Seindt aller- 0004ley verhinderung kommen, mit den dero Liebden nit will vngelegenheiten 0005magen, komme nuhr vmb vergebung zu bitten vndt 0006hoffe, es aus dero gütte zu erlangen. Vohr allen frewt 0007mich dero gutte gesontheit, bey wellchen der almechtige 0008dero Liebden bestendig erhalten wolle, vndt ich dero Liebden selbe zu conser- 0009viren vnd nit, wie durch den Huntheim vnd Salm geschen, 0010mitt eigenhendigen schreiben sich zu bemühen bitte. Dero Liebden 0011angelegenheiten werd mihr moglist befleißen, alles deßen, was 0012zu dero trost gereichen möchte. Es ist izt der Stin- 0013hop aus England hier, dah wirt man auch sehen,


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0014was selbiger König dazu sagen wirt. Es wäre gutt, wann 0015der Curfürst in Beyrn nähere vohrschläg dahte, dan einmahl 0016seindt dise nit zulänglich, wan er nuhr einigen schrit 0017weiter dut, wirt man hiesigs orts auch was nach 0018geben, dan wan bede fest auf ihren bleiben, kombt man 0019nit zuesammen, vndt hier kan man auch nit den 0020ersten schrit duen, sondren erwarts von dorten, welches 0021dero Lieben etwan werden können zuewegen bringen. Dises aber 0022schreib in höchsten vertrawen vntt bitte, das bey dero Lieben bleiben 0023möge. Die heirat vnsrer mamb mit Modena 0024betreffent hab glaubt, wolls gahr gutt machen vndt 0025auch zuegleich an sie durch den Fürst von Lobcowiz 0026geschriben, welcher sonst vill bey ihr vermag, aber 0027die schöne antwort bekommen, wie dero Liebden aus bey- 0028ligenden ersehn werden. Glaub also, dero Liebden möchten weiters 0029niks drin duen, dan mit dem böhmischen kopf doch niks 0030zu richten. Wan dero Liebden schon jemanden geschiket haben, glaubte ich, wollen 0031ihm nachschreiben, das er weiters nit vrgirn solle,


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0032vmb so mehr, als von Herzoch an mich niks gelangt 0033ist vndt mehr von mihr ein gedanken, weil ich 0034glaubt, das es zue meiner mam vorteilt gereichete. 0035Höre auch, das sie dorten andere gedanken haben, so 0036ist beßer, es dabey bewenden zu laßen. Wan die heirat 0037mit Parma vnd Modena könte sein, glaubete ich, 0038wäre gahr gutt, sonst förcht ich, sie henken ihm ein 0039französin an. Was vnser schwester aus Polen dero Liebden 0040geschriben, so finde kein bedenken, weilen aber der alten 0041weiber hantwerkh das kuppeln, so falt mihr ein, 0042werd mich einwehnig erkundigen, ob zue Modena 0043schon ein andre, wie es scheindt, im vohrschlag, wans 0044aber noch nit wär, wolt mich befleißen, ob die 0045Casimira dorten könt anbrengen, hoffe dero Liebden mit 0046nechstem dauon was schreiben zu können, dan mich 0047vnter der hant erkundigen will, woh die gedanken hin 0048gehen. Wegen vnser fraw schwester in Schpanien, weilen heündt die 0049zeit zu kurz, werd mitt nechsten mehrer schreiben, hab 0050ein brif von ihr bekommen, hoff sie werden


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0051sambt einer beylaag0052wehnigst izt beßer haltten. Vohr heündt mues wider 0053mein willen enden, mich in dero Liebden werteste affection befehlen, 0054die ich leben vndt sterben werd 0055dero Liebden 0056getrewste schwester 0057Eleonora 0058Wien den 4ten decembris 1714


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