Eleonora Magdalena von Pfalz-Neuburg an Johann Wilhelm von Pfalz-Neuburg, Wien am 1714.10.24
Bayerisches Hauptstaatsarchiv München, Kasten blau, 44/11
Ausfertigungeigenhändig
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0001Durchleüchtigister Curfürst, mein herzliebster herr bruder 0002Zue vodrist bitte mihr nit zu verüblen, das ich so langes 0003silentium gehalten. Ist die vhrsach gewesen, das ich mich auf 0004etlige dag in der Königin Cloßer retirirt, hernach die prespurger 0005reis des Kaißers geweßen, woh ich auch den dag nach der krönung 0006mich auf der post eingefunden, also die zeit mihr es nit ehnder 0007erlaubt hatt. Wie auch anheünt auf alle dero liebste schreiben 0008nit antworten kann, welches doch so baldt möglich geschen wirt, 0009so woll wegen kürze der zeit als das in etligen materien mit 0010mein geliebsten sohn, den Keiser, reden werde, vmb desto mehr mit fonda- 0011ment antworten zu können. Dero Liebden können versichert sein, das 0012ich in allen gelegenheiten mich befleißen werde, dero Liebden mein 0013schwesterlige lieb vnd eifer in allen dero vnd des haus interesse 0014zu befördern möglist zu erzeigen. Erfrewt mich vohr allen 0015dero Liebden gutte gesuntheit, welches mich auch der Grav von Salm 0016versichert hatt vnd mich mitt dero eigenhendig schreiben erfrewet,
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0017welche freude aber moderirt worden aus der sorg, das das eigenhendige 0018schreiben nit etwan möchte vngelegenheit gemacht haben, welches 0019mihr alzu schmerzlich wäre, wan es wegen meiner geschen solle. 0020Wegen der parmesischen heirat, ist es ein geschehen sach, iezt ist 0021sich zue befleißen, das newe inconvenienzen, so sich etwann 0022ereignen möchten, verhindert werden, dan man schon redt, das 0023man auch suechet, des Herzog sein bruder Don Antonio eine französin 0024anzuehenken. Wan dero Liebden könten cooperiren, das mit selbigen vndt der 0025Prinzessin von Modena eine heirat könte getroffen werden, glaubete ich, 0026das es ein mittel wär, das dardurch, wan sie zeigeten es in 0027risguardo des Kaisers zu duen, selbiger den so billich geschepften 0028vnwillen möchte etwan vallen laßen vndt dißes haus mit hiesigen 0029wider in gutte verstentnus könte gesezt werden. Wan der Kaiser 0030kombt, werd mit ihm auch daruon reden, due es indesen dero Liebden 0031nuhr als mein einfaltigen gedanken schreiben. Es wurden auch 0032herdurch bede haüßer Modena vndt Parma wider in beßere 0033verstentnus gesezt, welches vohr das publicum sehr er- 0034schprießlich wäre. Die heirat mit den Erbprinzen von Modena 0035vndt vnser lieben muemb wäre sehr zue wüntschen, vberschik0036derohalben dero Liebden dises schreiben an vnser allerseits fraw schwägerin, 0037bekenne aber mein schuld, das wie ich ihren humor kenne,
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0038ich mich sehr einer abschlägligen antwort beförchte. Schreib auch 0039disfals dem Deütschmeister vnd Fürsten von Lobcowiz, damit alle zue 0040sammen helfen mögen. Was die übrigen puncta betrift, so woll 0041wegen der Königin in Schpanien vnd dero Liebden angelegenheiten, werde, so 0042baldt der Kaißer herauf kombt, welches konftigen freitag geschen 0043soll, also lengstens heündt acht dag, suechen zu beantworten, 0044indeßen mich in dero werteste affection befehle, die ich 0045leben vndt sterben werde 0046ewer Liebden 0047getrewste schwester 0048Eleonora 0049Wien den 24ten octobris 1714
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0050Auch, duchleuchtigster Curfürst, hab dero Liebden nachmahlen 0051den mahler Burgers bestens zue recommendiren, das 0052dero Liebden möchten so güttich sein, ihn einmahl in die possession 0053zue sezen, dan der arme mensch nicht die mittel hatt, 0054so langen process, woh immer was newes vohrkombt, 0055zue dauren. Dero Liebden, die ohne diß so gerecht sein in allen, werden 0056dardurch ein gott wollgefälligs werkh duen, waruohr ich ihnen 0057auch herzlich obligirt sein werde. Imgleichen die statt 0058Cöllen dero Liebden bestens zu reccomendiren, seindt arme leüdt, 0059vnd dero Liebden als schuzherr werden sie vill mehr protegiren wollen. 0060Dähte mich nit vnterstehen, dero Liebden alles dises zu schreiben, 0061wan ich nicht wuste dero große güette, gerechtichkeit vndt 0062barmherzichkeit gegen alle, welches ihren der almechtige 0063dausentfalltig vergelten wirdt, vnd ich ebenso. Auch diser vhrsach 0064halber hoffe, dass sie mihr dise genommene freyheit nit 0065vbel nemmen werden, die ich lebe vnd sterb, vt in literis 0066den 24ten octobris .
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0067samt einer beylag