Eleonora Magdalena von Pfalz-Neuburg an Johann Wilhelm von Pfalz-Neuburg, o.O. am o.D.
Bayerisches Hauptstaatsarchiv München, Kasten blau, 44/11
Ausfertigungeigenhändig
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0001Durchleüchtigster Cuhrfürst, mein herzliebster herr bruder 0002Es hette mich mit andren dero angenehmsten schreiben dißes, 0003welches der Huntheim mihr vberbracht, mich vberaus 0004erfreüdt, wans nit mitt dero bemühung eigenhendig 0005geschriben wäre, dan die sorg, das es dero gesuntheit 0006schaden könte, duet selbige vberwiegen, also nochmahlen 0007instendig bitte, könftighin mitt eigenhendiger 0008beantwortung meiner schreiben sich nit zue bemühen 0009vndt dero gesuntheit, daran mein vnd aller dero geschwistren 0010trost ligt, vohr alles zue conserviren. Was dero Liebden inte- 0011resse betrift, können dero Liebden versichert sein, das mihr 0012aufs eüßerste werde angelegen sein lasen, 0013wüntsche, das alles nach dero verlangen 0014ausschlagen möge. Jezt mus man erst 0015erwarten, was mit disen comissari
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0016wirt geschloßen werden. Der Kaißer geht vbermorgen auf 6 oder 00177 dag auf die Neüstatt zue jagen, so glaub schwerlich, das 0018bis zue deßen zurukhunft etwas wirt geschloßen oder resol- 0019virt werden, wüntsche, das alles zue dero satisfaction gereichen 0020möge. Den Großherzogen wirt mich auch alzeit frewen, wan 0021in vohrfallenden gelegenheiten ihme vnd dero libsten Curfürstin meine 0022bestendige affection erzeigen könte. Im übrigen solicitirt 0023immer vnser arme gefangene Königin vmb erledigung, 0024so woll durch den Deütschmeister als vnser fraw schwester von 0025Parma, der Prinz Eugen wirt befehl bekommen, zue 0026sehen, was zue Baden etwan durch den Villars vnd Frankh- 0027reich möchte können effectuirt werden. Im vbrigen erseh 0028mit verwunderung, das dero Liebden die schrifft wegen Modena vnd 0029Parma nit bekommen, mueß ein fahler im einschlißen 0030gescheen sein vndt etwan mein freile es gahr in das 0031portugesische paquet geschloßen haben, ich werd es aber wider begern 0032vnd dero Liebden überschiken. Vnser fraw schwester schreibt mihr auch, das der 0033Herzoch dises gern anemmen werde vndt dero Liebden auch als dan 0034seine raisons werde representiren laßen. Was die heirat 0035aber anbelangt, schreibt sie, sie find, das die parti nit die
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0036vohrnemste, das secretum aber hatt sie vohr dero Liebden, 0037mihr vndt vns allen verschwigen. Mueß bekennen, 0038das es zimlich empfindtlich ist, in sonderheit, weil 0039die sach von so großer importanz ist vndt so 0040großes prejudiz dißen erzhauß vnd dem publico, 0041das ohne fähler dorauß vber kurts oder 0042lang widrumb ein großeres kriechs feüer als nie 0043in Italien enstehen wirt. Dero Liebden werden es ohne 0044zweifel auch schon von ihren minister von Rohm 0045vernommen haben, das die heirat mit ihrer dochter 0046vnd dem Duc d'Anjou dorten tractirt vnd geschloßen 0047worden, der Cardinal Aquaviua auch schon deswegen auf 0048Parma abgereist vnd das gelt zur reis schon über- 0049macht worden, welches zwar nit erkleklich, dahero der 0050Herzoch an ihrer dota so vill dazu geben, das die 0051reiß kan bestritten werden. Ich hab ganz einen frischen 0052brief von vnser fraw schwester, reccomendirt wider 0053die Königin, aber von disen schreibt sie kein einzigs 0054wort. Wehnigst hett sie dero Liebden darumb fragen sollen als capo
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0055von vnsern cuhrhaus, basta, ich förcht, sie wirt es 0056selbsten zu schpaht berewen vnd die nachweh gahr zue 0057gutt empfinden. Iezt wirt sie das meiste duen können 0058vohr vnser Königin, wan ihr dochter drinnen sein wirt. Weil 0059die geheimnus so groß, das es sonst die ganze welt 0060weis, so bekenn ich, hab vndt werd ihr gahr nit antworten, 0061dan ich förcht, möcht mein feder etwan zue eifrig 0062vndt empfindtlich exprimiren, will lieber gahr still 0063schweigen vnd den almechtigen gott bitten, das er alles wolle 0064zum besten schiken, wie es zu seiner hochsten eher sein 0065wirt. Der Kaiser hatt den Landgraf Pfilipp das 0066governo von Meilant geben, sein gemahlin ist gestorden, 0067so ist er sorchfaltig, sein sohn, welcher ein manirlichs 0068herrl ist, zue versorgen, hatt mich gebetten, ob nit 0069ein hoffnung auf vnser muemb, der Prinz von Gastoni ihr 0070dochter wäre. Ich meines orts find kein groß bedenken 0071dabey, dan es auf alle weis gutt sein wirt, sie balt 0072zue verheiraten, ich förchte sonst, vnser fraw schwagerin
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0073möcht sie gäh einen geben, der vns gahr nit anstendig wär, 0074dan sie schon auf Lebenstein vnd Liechtenstein gedacht, weil sie 0075einen haben will, der mit ihrer dochter bey ihr auf dem 0076gutt stähts sizen duet. Nun, der junge Landgraf wirt woll 0077müeßen duen, was sie will, vnd kein regirender wirt vmb 0078sie kommen wegen der fraw mutter humor, vnd sie wirts auch 0079keinen geben, der ihr nit duet was sie will. Dero Liebden wollens 0080überlegen vnd mihr hernach überschreiben, was darin zu dun, 0081dann ich ohne dero vohrwißen vndt aprobation gahr keinen 0082passum, weder in dißer noch andren sach duen werde, 0083dan mein lieben papa über alles liebe vnd estimir, die 0084ich leben vndt sterben werde 0085dero Liebden 0086getrewste schwester 0087Eleonora 0088Alles, was dero Liebden mihr wollen reccomendiren, 0089werde so vill ich kan seccondiren als enger famerten vnd 0090ander.