Eleonora Magdalena von Pfalz-Neuburg an Johann Wilhelm von Pfalz-Neuburg, Wien am 1710.03.01
Bayerisches Hauptstaatsarchiv München, Kasten blau, 44/10
Ausfertigungeigenhändig
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0001Durchleüchtiger Curfürst, mein herzallerlibster herr bruder 0002Dero liebste schreiben vom 12ten vndt 19ten passato hab 0003ich woll empfangen mit dem trost, dero gutten wolstand 0004zu vernemmen. Zuuodrist aber mueß ich mich schuldig 0005bedanken vohr die gahrzuschöne überschikte schalen vndt 0006andere liebste gedechtnußen vohn ihr Durchlaucht, meiner 0007geliebsten fraw mutter sehligen, anderten auch von Pater Marco vnter- 0008schidne sachen, waruohr ich dero Liebden höchst obligirt bin. Vnd 0009gleich wie mihr einer seits ein trost, dise andenken0010zu haben vnd zu sehn, das ihr Durchlaucht meiner gnädig eingedenkh 0011geweßen, also hatt es doch auch widrumb die 0012wunden zimlich ernewert, aber der göttlige will 0013mues in allem gescheen. Gottlob, hier ist iezt alles 0014woll auf, gott gebs, das der fasching es also erhalte.
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0015Das beste ist, das es zue endt geht wegen der heirat 0016von Lebwenstein, hab dersider niks gehört, woll aber, 0017das sich bede Fürsten, Adam vndt Antoni, vohr ihre 0018söhn sollen angemeldt haben, welches gleichfals zu 0019verhindern auf alle weis zu suchen. Ich weis zwar, 0020das dero Liebden intention, vnser bruder Carl Prinzessin mit dem Prinz von 0021Sulsbach zu heiraten, ich gesteh, das ich schier glaub, dise 0022heirat wär vohr vnser haus anstendiger, in deme 0023dero erstern ihre güetter in Litaw, woh sie etwan nit 0024vill von bekommen wirt vndt alles von feindt 0025vndt freündt ruinirt wirt, hingegen dißer ihre seint 0026nit wehniger considerabel vnd in Böhmen, woh sie sicher, 0027auch nit weit von der Pfalz, das ich glaub auf alleweis 0028vnsern curhaus anstendiger zu sein, doch remetire mich 0029in allen dero erleüchten meinung. Mein schwester von Parma ant- 0030wort mihr, das sie die sach nit verwirft, doch etlige 0031fragen seiner qualiteten, auch ihrer könftigen versorgung 0032halben, von welchen ich meiner dochter zur information 0033geschriben, hernach woll sie ihr resolution sagen. Wegen der
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0034Königin in Schpanien, vnser fraw schwester, werde, wan der Wißer 0035mihr sein instruction comuniciren wirt, alls möchlige 0036bey dragen, ihrer intentiones vndt verlangen zu secundiren, 0037ist beßer, das er kein andre caracter hatt, weilen 0038die andren, so dorten sein werden, alle von erster nobilitet 0039sein. Wegen Guastalla können dero Liebden versichert sein, das 0040alles so woll wirt examinirt vndt vntersucht werden, 0041das ihm kein vnrecht geschen wirt. Den Großherzoch, 0042hoffe ich, werden dero Liebden persuadirt sein, das ich, in allen was 0043möglich, wüntsche mein estime vnd affection zu zeigen, 0044auch in keiner occasion solches vnterlaßen werde. 0045Was die comission zu Meiland anbelangt, dah 0046hab ich niks von gehört, dann ich in dißer fasching 0047zeit ganz retirad lebe vnd fast nimand sehe. 0048Iez, wan die 3 dag vohrbey, werd mich informiren vnd 0049alles möglich vohr ihr Liebden reccomendiren, ich glaub aber, 0050es sey ein equinoro, dan man dort eine comission 0051gemacht, die schon per felloniam von ein oder andren 0052verwürkte feudi zue verkaufen plus offerenti. Darunter
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0053ist aber nichts vom Großherzoch. Es wirt woll ein oder 0054anderer von disen woll noch etwan begnad werden, dise sachen 0055wirt man examiniren, solte aber sonst was vohrkommen, 0056werde mich befleisen, des Großherzochs interesse zu befördern so vill 0057möglig sein wirt. Vberschike dero Liebden auch herbey ein zettele von 0058meiner dochter aus Portugall wegen des brif an dero gemahlin, 0059ich förcht, dero Liebden werden ihr schöne schrifft nitt lesen könen, hab schon so 0060lang von ihr keine brif, das mihr ganz angst ist. 0061Auch ist ein memorial vom alten Dengellen, weil sein vatter0062vndt ehr so lang gedient, habs nit abschlagen können zu re- 0063comendirn, dero Liebden werden wißen, was dero conuenienz ist. Die geweste 0064Verk nuhn Frens schreibt continuirlich, wan nuhr ein mittel 0065wehr, das ein endt könt in der sach gemacht werden. Aus 0066disen brif von cormelitrin von Neüburg werden dero Liebden ihr pretension 0067sehen vndt wisen, was drin zu duen ist. Ich aber will dero Liebden 0068nit langer vngelegenheit machen, mich inn der affec- 0069tion befehlen, die ich lebe vnd sterbe 0070dero Liebden 0071getrewsten schwester 0072Eleonora 0073Wien den 1ten merz 1710