Ausfertigungeigenhändig

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0001Durchleüchtiger Curfürst, mein herzallerliebster herr bruder 0002Obwollen mihr dero liebste schreiben allzeit ein trost, 0003so hatt es mich doch dismahl bedrübt, erstens weil dero Liebden 0004von der traurigen fonction vnd das testament melden, welches 0005die schmerzlige wunden widerumb ernewert, 2 das sie 0006mihr die hoffnung, so ich mihr kreftig gemacht, dero Liebden 0007hir zu sehen, wollen benemmen, lies mihr gleich woll noch 0008selbige nit gern gahr benemmen, dan der weg so kurz, auch 0009dero Liebden, wan sie iah so notwendig eilen müeßen, sich auch nach 0010derbeliben wehnig dag aufhalten können, das darduch dero 0011wichtige geschafft nit so vill würden verhindert werden. 0012Mihr wär es ein großer trost, vnd wurden dero Liebden eben 0013wegen der mainzischen sach vndt auch sonsten hier villeicht 0014vill gutts auswürken können. Doch due mich resigniren


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0015vndt wolte nit wegen meines particular trost weder dem publico 0016schaden noch dero Liebden einige vngelegenheit aufdragen. 3 die nachricht wegen 0017vnser bruder Bischof von Augschpurg, das er noch nit in besten standt, 0018bedrübt mich nit wehnig, das capitul weis ich nit, ob es nit 0019zue vill autoritet mit dißer occasion wirt nemmen. Der Freiberch 0020ist ein erliger man, hatt große lieb vohr ihn vndt vnser ganz 0021hauß, der wirt dero Liebden woll dienen können, in deßen bitte gott, das 0022er den Bischof nach seinen willen die gesuntheit erdeilen wolle. 0023Wegen Mains können dero Liebden versichert sein, das ich meines orts 0024möglist cooperirn werde, stehe zwar an, ob ich mein sohn, 0025den Keiser, derzeit noch daruon sagen solle, möcht etwan vnuorsehens 0026gegen den Schönborn sich venden, doch mues man auch preueniren, 0027damit dißer vns nit vohrkomme vnd den Keiser vohr sein 0028bruder oder vetter, was er ist, impegnire. Ich will in ein wehnig 0029sondiren, auch mitt dem Seiler, welcher ein trewer diner vom 0030vnsern haus, darüber zu raht gehen, im übrigen erwarten, 0031wan dero Liebden werden guttfinden, mit dem Reichsvizekanzler dauon zu 0032schprechen. Ich weis auch nit, ob sich dero Liebden mit dem Curfürst 0033so solten bloßgeben, so möcht er, wan er sein vettern haben wolle, 0034desto stärker wider den Deütschmeister arbeiten,


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0035doch stelle alles deroselben heim, wie sie es zum 0036besten finden werden. Ich aber werde leben vndt sterben 0037dero Liebden 0038getrewste schwester 0039Eleonora 0040Wien den 21ten septembris 1709 0041Das dero Liebden mihr des testament wollen comuniciren, ist vnötig, vernewert mihr 0042nuhr den schmerzen, laße alles dero Liebden über.


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0043Ihr Liebden herrn Curfürsten zu 0044Pfalz meinem herzallerliebsten 0045herrn brudern